Mittlerweile ist es eineinhalb Wochen her, dass dank der niedrigsten Wahlbeteiligung in der Hammer Stadtgeschichte die Nachfolgeorganisation der verbotenen Kameradschaft Hamm, die sogenannte Partei „Die Rechte“, mit 654 Stimmen ein Mandat im Stadtrat erobern konnte. Auch in Herringen, wo es vor der Wahl an der Waldenburgerstr. zu rassistischen Aufhetzungen gegen rumänische und bulgarische Gastarbeitende kam, erlangen die Rechten durch 202 Stimmen einen Sitz in der Bezirksvertretung.
Mit Dennis Möller für den Rat und Jens Möller für die Bezirksvertretung Herringen werden nun zwei Mitglieder aus den Gründungstagen der Kameradschaft Hamm die Partei in den Gremien vertreten. Durch eine monatliche Aufwandsentschädigung von 429,80 € für das Ratsmandat und 180€ für den Sitz in der Bezirksvertretung Herringen ergibt sich daraus eine staatliche Alimentierung von rechten Strukturen von mindestens 609,80 € im Monat. Auf die Wahlperioden von sechs Jahren gerechnet ergibt sich daraus, dass rechten Strukturen mit über 43.000 Euro in den nächsten sechs Jahren gestärkt werden. Das dieses Geld in den Ausbau rechter Strukturen, beispielsweise der Anmietung vorn Räumlichkeiten etc. fließen wird, steht außer Frage.
Gleichzeitig offenbart dieses Wahlergebnis, dass die vom Innenminster gefeierte staatliche Verbotspolitik gescheitert ist. Sie hat dazu geführt, dass sich die selben Nazis unter dem Deckmantel einer Partei nun über staatliche Gelder freuen dürfen. Nun sind die etablierten Parteien im Rat gefragt, ihren Umgang mit den gewaltbereiten Nazis dieser Tage zu finden. Schließlich sitzen sie mitten unter ihnen im Rat. Der Angriff von Parteikadern der Rechten auf das Rathaus in Dortmund zeigt, dass ein einfaches „Wegsehen“ oder „Ignorieren“ nicht funktioniert. Am 11. Juni ist die konstituierende Sitzung des Rates – dort wird sich zeigen, wie die Parteien gedenken, mit den Nazis umzugehen.
Die Ergebnisse der Kommunalwahlen sind ein starker Beweis für das Scheitern eines (wiedergewählten) Oberbürgermeisters, der jahrelang das Naziproblem in Hamm leugnete. Erst auf massiven öffentlichen Druck sah er sich zum Handeln gezwungen und gab eine Analyse der rechten Strukturen in Hamm in Auftrag und wurde zügig Mitglied beim neugegründeten Feigenblattverein „Backup“ . Deren ehemalige Hauptakteurin Claudia Luzar suchte prompt erstaunliche Nähe zu organisierten Neonazis, ignorierte weiterhin die anderen Akteure gegen Rechts (z.B. Runder Tisch, haekelclub) und ist mittlerweile ihren Aufgaben entbunden. Wen wunderts.
Zum Wahlkampf der Rechten und den Stimmergebnissen
Die Rechte hat in Hamm einen Wahlkampf geführt, der sich massiv auf die wechselseitige Unterstützung rechter Akteure über die Partei- und Stadtgrenzen hinweg aufbaute. Neben dem Zusammenziehen von Aktiven aus den anderen Verbänden der Partei – beispielsweise fuhr der Wagen von „Die Rechte“ Dortmund auch in Hamm durch die Straßen und verbreitete faschistische Hetze – so war es auch die NPD, die durch das zur Verfügung stellen von Plakatpappen für den Straßenwahlkampf Unterstützung lieferte. Im Gegenzug hingen die Nazis von Die Rechte dann auch brav die aus dem gesamten Bundesgebiet wahllos zusammengesammelten NPD-Plakate auf. Das sie einen aggressiven Wahlkampf führen würden, war abzusehen – dass sich Mitglieder der Partei dann auch noch gewalttätig gegenüber minderjährigen Schülern der Friedensschule verhielten, zeigt wieder einmal, mit welchen Mitteln Nazis versuchen, ihre „Überzeugungen“ durchzusetzen. Dazu standen sie an ihren Wahlkampfständen in der Innenstadt und verteilten Flyer an die Hammer Haushalte. Sie haben einen räumlich begrenzten Wahlkampf hauptsächlich in drei Stadtbezirken geführt – in Herringen, Pelkum und Mitte. Die einzelnen Stimmergebnisse im Überblick:
Stadtbezirk Mitte: Zur Ratswahl erhielt die Partei 277 Stimmen, für die Wahl zur Bezirksvertretung 280. Insgesamt der stärkste Bezirk für die selbsernannte Partei, nicht weiter verwunderlich da die meisten Akteure in den Stimmbezirken der Mitte wohnen.
Stadtbezirk Pelkum: Zur Ratswahl erhielt die Partei 189 Stimmen, für die Wahl zur Bezirksvertretung 196.
Stadtbezirk Bockum-Hövel: Zur Ratswahl erhielt die Partei 55 Stimmen, für die Wahl zur Bezirksvertretung trat sie nicht an.
Stadtbezirk Herringen: Zur Ratswahl erhielt die Partei 133 Stimmen, für die Wahl zur Bezirksvertretung 202. Durch den doch sehr deutlichen Unterschied zeigt sich, dass viele Wähler taktisch die Rechte in die Bezirksvertretung gewählt haben. Nach dem Neubau der Moschee und der Waldenburger Str. zeigt sich, dass die einfachen Rassismen in den Stimmen für eine rechte Partei münden.
Was bleibt?
In Herringen zeigt es sich ganz deutlich: getragen durch eine deutsche Mehrheitsgesellschaft und ihrem Fremdenhass, kann sich eine rechte Partei ihrer Stimmen sicher sein. Der Rat der Stadt Hamm ist nun gefordert, sich mit den Rechten in seiner Mitte auseinanderzusetzen. Die angestrebte Kommunalanalyse über rechte Strukturen darf kein Feigenblatt werden. Die Aufklärung und Sensibilisierung über rechte Strukturen in Hamm muss ausgebaut werden. Und antifaschistisches Handeln geht weiterhin nur ohne Staat.