HAMM – Ein halbes Jahr nach dem Verbot der „Kameradschaft Hamm“ kündigt die Hammer Neonazi-Szene einen Aufmarsch in der Ruhrgebietsstadt an. Der Polizei liegt eine Anmeldung für den 20. Juli 2013 vor, wusste der lokale „Westfälische Anzeiger“ zu berichten. Zugleich wird in der Stadt über Handlungsstrategien gegen die Neonazis debattiert.
Der letzte Aufmarsch der Neonazis sollte am 6. Oktober 2012 in Hamm stattfinden. Die Demonstration wurde aber durch den Anmelder Sascha Krolzig, bis zum Verbot Anführer der „Kameradschaft Hamm“, abgesagt. Die Polizei hatte mit Bezug auf das Verbot der „Kameradschaft Hamm“ ein Verbot des Aufmarsches angekündigt. Der Alternativplan, eine neue Demonstration durch den NPD-Kreisvorsitzendenden Hans Jochen Voß aus Unna anzumelden, scheiterte an einer Intervention des NPD-Bundesvorstands. Die Neonazis beklagten, dass NPD-Chef Holger Apfel persönlich „das Vorhaben sabotiert“ habe. Im Oktober letzten Jahres gründeten die ehemaligen AktivistInnen der „Kameradschaft Hamm“ einen Kreisverband der Partei „Die Rechte“, nrwrex berichtete. Seitdem versucht sich die Szene neu aufzustellen.
„Keine Hochburg des Rechtsextremismus“?
Hamm bildete stets einen Schwerpunkt der neonazistischen Demonstrationspolitik in NRW. Allein in den ersten drei Jahren der 2003 gegründeten „Kameradschaft Hamm“ wurden elf Demonstrationen und Kundgebungen in Hamm abgehalten. Umso bemerkenswerter erscheint vor diesem Hintergrund die von der Stadtverwaltung vor zwei Wochen verkündete Einschätzung, dass aufgrund der „Erfahrungen der vergangenen Jahre“ eindeutig festgestellt werden könne, „dass Hamm keine Hochburg für Rechtsextremismus, Gewalt oder Rassismus ist“. Außerdem heißt es in dem von der Stadtverwaltung verantworteten „Entwurf eines Hammer Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Rassismus und zur Beratung und Betreuung von Opfern rechter Gewalt“: „Die in Hamm in den vergangenen Jahren durchgeführten Kundgebungen und Aktionen von Rechten und anderen Extremisten wurden überwiegend von Gruppen und Beteiligten, die außerhalb der Stadt Hamm leben, geplant und durchgeführt.“
Stadtverwaltung wird Unkenntnis vorgeworfen
Initiativen wie das antifaschistische Jugendbündnis “haekelclub 590″ bescheinigten der Stadt, „offensichtliche Unkenntnis“ der Situation. Mit den Handlungskonzept habe sie „ihr eigenes Armutszeugnis im Kampf gegen Rechts ausgestellt“. Die Stadt verschließe die Augen vor dem Problem. Die “Antifaschistische Aktion Hamm” veröffentlichte eine umfangreiche Chronik, in der die zahlreichen Neonazi-Aktivitäten der Jahre 2003 bis 2012 aufgelistet wurden. Das Jugendbündnis “haekelclub 590″ entwarf zudem ein „Alternativkonzept“.
180-Grad-Wendung und Kritik am geplanten “Kompetenzzentrum”
Unter dem Druck der öffentlichen Debatte änderte der Hammer Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) seine über viele Jahre vertretene Position. „Hamm ist Schwerpunkt, Hamm ist Zentrum des Rechtsextremismus“, erklärte er am Dienstag auf einer Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses, der sich mit dem kommunalen Handlungskonzept befasste. Auf Kritik stieß aber nicht nur die mangelhafte Problemanalyse des Handlungskonzeptes, sondern auch der Plan, die Stadt solle einem noch zu gründenden „Kompetenzzentrum Rechtsextremismus Westfalen“ (KZW) beitreten. VerfasserInnen des Konzeptes für ein KZW sind die PolitikwissenschaftlerInnen Dierk Borstel und Claudia Luzar. Das Konzept weise „eklatante Mängel und eine fatale politische Ausrichtung“ auf, schrieb die “Antifaschistische Linke Münster” in einer Stellungnahme. Das Konzept zeichne sich durch eine „vollkommen unzureichende Problemanalyse“ aus, es fehle „jede kritische Perspektive auf den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft“. Zudem seien die aufgeführten Beratungsangebote „nicht mehr als das Kurieren an Symptomen“.
Quelle: NRW rechtsaußen