Hintergrund: „Die Rechte“ in NRW vor den Kommunalwahlen

KandidatInnenSeit gut zwei Jah­ren exis­tiert mit „Die Rech­te“ eine wei­te­re neo­na­zis­ti­sche Par­tei, die sich in Kon­kur­renz zur NPD or­ga­ni­siert und sich zum Sam­mel­be­cken ver­bo­te­ner oder auf­ge­lös­ter „Ka­me­rad­schaf­ten“ ent­wi­ckelt hat. Als „Al­ter­na­ti­ve“ zur NPD konn­te sich „Die Rech­te“ aber noch nicht durch­set­zen. Der Auf­bau von Par­tei­struk­tu­ren ver­läuft schlep­pend und jüngst schei­ter­te die Teil­nah­me an den Eu­ro­pa­wah­len an feh­len­den Un­ter­stüt­zungs­un­ter­schrif­ten. In NRW ver­sucht sich „Die Rech­te“ nun in ein­zel­nen Städ­ten an einer Kan­di­da­tur zu den Kom­mu­nal­wah­len im Mai.

Ent­ste­hungs­ge­schich­te                                      Die Rech­te wurde im Mai 2012 vom alt ge­dien­ten Neo­na­zi-​Ka­der Chris­ti­an Worch ge­grün­det. Worch (Jhrg. 1956) ist seit 35 Jah­ren in der ex­tre­men Rech­ten aktiv und hat be­reits Er­fah­run­gen mit Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­bo­ten ge­macht. Weil er die ver­bo­te­ne Ak­ti­ons­front Na­tio­na­ler So­zia­lis­ten /Na­tio­na­le Ak­ti­vis­ten (ANS/NA) mit der Ge­sin­nungs­ge­mein­schaft der Neuen Front fort­führ­te, saß er Mitte der 1990er Jahre in Haft. Worch war auch eine wich­ti­ge Figur für die in den 1990er Jah­ren ent­ste­hen­den Frei­en Ka­me­rad­schaf­ten, denen er u.a. als An­mel­der von De­mons­tra­tio­nen dien­te.

Die Rech­te grün­de­te er ge­mein­sam mit ehe­ma­li­gen Mit­glie­dern der Deut­schen Volks­uni­on (DVU), die nicht mit der NPD fu­sio­nie­ren woll­ten. Die Rech­te solle „ra­di­ka­ler als die REPs und die Pro-​Be­we­gung“, aber „we­ni­ger ra­di­kal als die NPD“ sein, be­kun­de­te Worch nach der Grün­dung. Der Name und das Logo spie­len be­wusst auf die Par­tei Die Linke an. Selbst den roten Pfeil, der im Logo der Links­par­tei über dem „i“ steht, hat Die Rech­te imi­tiert. Er zeigt al­ler­dings nicht nach links son­dern nach rechts. Worch be­haup­te­te, seine neue Par­tei solle zum einen der Samm­lung der rech­ten Kräf­te die­nen, zum an­de­ren solle sie all jene Bür­ger*innen an­spre­chen, denen die bis­he­ri­gen ex­trem rech­ten Par­tei­en su­spekt seien. Der Name und der bie­de­re Auf­tritt sind dabei Kal­kül. Im Par­tei­pro­gramm von Die Rech­te fin­det sich an ex­po­nier­ter Stel­le sogar ein Be­kennt­nis zur „frei­heit­lich de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung“. Es fol­gen na­tio­na­lis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Po­si­tio­nen, wie sie für eine ex­trem rech­te Wahl­par­tei üb­lich sind. Der Pro­gramm­text ba­siert in wei­ten Tei­len auf dem alten Par­tei­pro­gramm der DVU.

Doch pro­gram­ma­ti­sche Fra­gen haben oh­ne­hin nur ge­rin­ge Be­deu­tung. Es ist cha­rak­te­ris­tisch für (neo)fa­schis­ti­sche Par­tei­en, dass die Tat mehr zählt als das Wort, dass die Ak­ti­on vor dem Pro­gramm ran­giert. So ist es auch bei „Die Rech­te“. Das „Be­kennt­nis“ zur „frei­heit­lich de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung“ war zudem stra­te­gisch mo­ti­viert, Worch streb­te die An­er­ken­nung von Die Rech­te als Par­tei an. Als Ende Au­gust 2012 das Mi­nis­te­ri­um für In­ne­res und Kom­mu­na­les drei der ak­tivs­ten Neo­na­zi-​Ka­me­rad­schaf­ten in NRW ver­bot, stand eine le­ga­le Auf­fan­gor­ga­ni­sa­ti­on be­reit. War Die Rech­te bis zu den Ver­bo­ten nicht viel mehr als eine „Hülle“, eine Par­tei ohne Mit­glied­schaft und lo­ka­le Ver­bän­de, so bil­de­ten die in die Par­tei strö­men­den Ak­ti­vist*innen der ver­bo­te­nen „Ka­me­rad­schaf­ten“ eine ak­ti­vis­ti­sche Basis, die im Sep­tem­ber 2012 einen Lan­des­ver­band NRW und fünf Kreis-​ bzw. Be­zirks­ver­bän­de grün­de­ten. Den Vor­stand des Lan­des­ver­bands bil­de­ten die Füh­rer des Na­tio­na­len Wi­der­stands Dort­mund (Den­nis Giemsch, Micha­el Brück, Diet­rich Sur­mann) sowie der Füh­rer der Ka­me­rad­schaft Hamm (Sa­scha Krol­zig). Giemsch und Krol­zig be­ka­men zudem Sitze im Bun­des­vor­stand der Par­tei.

Ein Ver­bot des Lan­des­ver­bands NRW als Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on der ver­bo­te­nen „Ka­me­rad­schaf­ten“ konn­te ju­ris­tisch nicht durch­ge­setzt wer­den. Die Rech­te wurde vom Bun­des­wahl­lei­ter an­er­kannt und hat des­halb bis auf Wei­te­res den Sta­tus einer Par­tei inne, was einen be­son­de­ren Schutz vor staat­li­chen Ver­bo­ten be­deu­tet. Ein Jahr nach ihrer Grün­dung hatte sie knapp über 500 Mit­glie­der ge­won­nen.

„Die Rech­te“ sieht sich in Tra­di­ti­on der NSDAP                                                            In NRW do­mi­nie­ren ehe­ma­li­ge „Ka­me­rad­schafts“-​Ak­ti­vist*innen die neue Par­tei voll­stän­dig. Auf der Suche nach einer Er­satz­or­ga­ni­sa­ti­on fan­den sie bei Die Rech­te aus­rei­chend Ge­stal­tungs­spiel­raum. Das schein­bar „softe“ Par­tei­pro­gramm hin­der­te sie nicht daran, ihren offen neo­na­zis­ti­schen Kurs wei­ter fort­zu­füh­ren. In­halt­lich ist keine Mä­ßi­gung er­kenn­bar. Bei vie­len Ge­le­gen­hei­ten be­to­nen Par­tei­mit­glie­der, dass sie kei­nes­wegs vor­ha­ben am von ihnen ver­ach­te­ten Par­la­men­ta­ris­mus mit­zu­wir­ken. So teil­te der Kreis­ver­band Düs­sel­dorf/Mett­mann einen Tag nach der Bun­des­tags­wahl, an der Die Rech­te in NRW mit einer Lan­des­lis­te teil­nahm, mit: „Ges­tern fand in der BRD wie­der eine der größ­ten Schein­ver­an­stal­tun­gen und Täu­schun­gen statt, die das Re­gime vor­zu­wei­sen hat. Eine so ge­nann­te ‚freie’ Wahl. (…) Was wir al­ler­dings nicht wäh­len durf­ten, das war eine nicht-​de­mo­kra­ti­sche Par­tei. Eine na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Par­tei konn­ten wir auf dem Wahl­zet­tel nicht fin­den, weil sie ver­bo­ten ist.“ Einen eben­so deut­li­chen po­si­ti­ven Bezug auf den his­to­ri­schen NS wähl­te der Düs­sel­dor­fer Neo­na­zi Sven Skoda bei einer Rede im Ja­nu­ar 2014: „Die Idee, gegen die Krieg ge­führt wor­den ist, ist nicht am 8. Mai 1945 ge­stor­ben. Die an den ewi­gen Le­bens­ge­set­zen aus­ge­rich­te­te Welt­an­schau­ung, die Syn­the­se aus Na­tio­na­lis­mus und So­zia­lis­mus brennt nach wie vor in der Brust der deut­schen Men­schen, die nicht be­reit sind, die Zu­kunft ihres Volkes kampf­los auf­zu­ge­ben.“ Junge Deut­sche wür­den für diese Idee mit der Re­pu­blik die Klin­gen kreu­zen. Gegen Skoda wird ak­tu­ell in Ko­blenz pro­zes­siert, weil er Mit­glied einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung na­mens Ak­ti­ons­bü­ro Mit­tel­rhein ge­we­sen sein soll. Die Rech­te er­nann­te ihn zum Spit­zen­kan­di­da­ten für die Eu­ro­pa­wahl. An­de­re Red­ner der Par­tei be­en­den ihre Re­de­bei­trä­ge re­gel­mä­ßig mit Zi­ta­ten von Adolf Hit­ler, den sie „als größ­ten Staats­mann aller Zei­ten“ be­zeich­nen.

„Die Rech­te“ in NRW                                                                                                        Ak­tu­ell ver­fügt die Par­tei in NRW über neun Kreis­ver­bän­de. Zwar wur­den zwei wei­te­re Ver­bän­de in Müns­ter (2012) und Soest (2013) ge­grün­det, sie haben ihre Ak­ti­vi­tä­ten aber be­reits wie­der ein­ge­stellt. Die wich­tigs­ten Grup­pen sind die Kreis­ver­bän­de in Dort­mund und Hamm. In Hamm wird der Kreis­ver­band von ehe­ma­li­gen Ak­ti­vist*innen der 2003 ge­grün­de­ten und 2012 ver­bo­te­nen Ka­me­rad­schaft Hamm (KSH) und Mit­glie­dern der auf­ge­lös­ten Au­to­no­men Na­tio­na­lis­ten Ahlen ge­führt. Vor­sit­zen­de sind Sa­scha Krol­zig und Den­nis Möl­ler. Im Som­mer 2012 ge­lang es den Neo­na­zis ein La­den­lo­kal an­zu­mie­ten und dort ein „Na­tio­na­les Zen­trum“ zu schaf­fen. Kurze Zeit nach­dem die An­ti­fa den Treff­punkt be­kannt ge­macht hatte, traf die KSH und ihre laut Po­li­zei 25 Mit­glie­der das Ver­eins­ver­bot. Die Po­li­zei be­schlag­nahm­te das „Zen­trum” sowie das Ver­eins­ver­mö­gen. Mitt­ler­wei­le nut­zen die Neo­na­zis Er­satz­räu­me im „Club­haus“ der Fra­ter­ni­tas Ger­ma­nia in Hamm. Ein Mit­glied die­ser „Bru­der­schaft“ tritt auch als Kom­mu­nal­wahl­kan­di­dat an. Au­ßer­dem sind zwei Mit­glie­der der Rechts­rock­band Sleip­nir Di­rekt­kan­di­da­ten für die Par­tei. Einen flä­chen­de­cken­den An­tritt zur Kom­mu­nal­wahl brach­te sie al­ler­dings nicht zu Stan­de. Die Rech­te wird nur in 13 von 29 Ham­mer Wahl­be­zir­ken sowie für drei Be­zirks­ver­tre­tun­gen wähl­bar sein. Im Wahl­kampf agi­tiert sie u.a. gegen einen Mo­schee­bau sowie gegen Zu­wan­de­rer*innen aus Süd­ost­eu­ro­pa. Ein Wahl­pla­kat trägt den pro­vo­kan­ten Slo­gan „Wir hän­gen nicht nur Wahl­pla­ka­te“.

Der Kreis­ver­band Dort­mund ist die mit­glie­der­stärks­te und ak­tivs­te lo­ka­le Struk­tur von Die Rech­te. In ihr or­ga­ni­sie­ren sich zahl­rei­che Mit­glie­der des ver­bo­te­nen Na­tio­na­len Wi­der­stands Dort­mund (NWDO), des­sen Vor­ge­hens­wei­se, Ak­tio­nen und Stil eine Vor­bild­funk­ti­on für große Teile der Neo­na­zi-​Sze­ne er­füll­te. Der NWDO ver­füg­te über eine aus­ge­bau­te In­fra­struk­tur, die den Neo­na­zis nach den Ver­bo­ten auf­grund von Be­schlag­nah­mun­gen ent­zo­gen wurde. We­ni­ge Mo­na­te nach den Po­li­zei­ak­tio­nen hatte sich die Szene Er­satz ge­schaf­fen. Statt des In­fo­por­tals Dort­mund gibt es nun das Dort­mun­dE­cho – die Funk­ti­on ist die­sel­be, die Auf­ma­chung der In­ter­net­sei­ten ähn­lich. Als Er­satz für das be­schlag­nahm­te „Na­tio­na­le Zen­trum“ in Dort­mund-​Dorst­feld dient ein ge­kauf­tes La­den­lo­kal in Dort­mund-​Hu­ckar­de. Of­fi­zi­ell dient die­ses als Ge­schäfts­stel­le von Die Rech­te, al­ler­dings kann es zur Zeit nicht ge­nutzt wer­den, da Par­tei­mit­glie­der bei Bau­ar­bei­ten das Ge­bäu­de un­brauch­bar mach­ten. An die Stel­le des Re­sis­to­re-​Ver­sand, der die Szene mit Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al und Waf­fen ver­sorg­te, trat der An­ti­sem-​Ver­sand von Micha­el Brück, der unter der pro­vo­kan­ten Adres­se „antisem.​it“ im Netz er­reich­bar ist. Dem Dort­mun­der Kreis­ver­band steht mit Sieg­fried „SS-​Sig­gi“ Bor­chardt eine be­kann­te Neo­na­zi­grö­ße vor. In den 1980er Jah­ren war Bor­chardt Grün­dungs­mit­glied der be­rüch­tig­ten Hoo­li­gan-​Grup­pe Bo­rus­sen­front und NRW-​Lan­des­vor­sit­zen­der der Neo­na­zi-​Par­tei Frei­heit­li­che Deut­sche Ar­bei­ter­par­tei (FAP), die 1995 ver­bo­ten wurde. Bor­chardt führt auch die fünf­köp­fi­ge Liste zur Kom­mu­nal­wahl an. Die Rech­te tritt in Dort­mund flä­chen­de­ckend an, steht aber in Kon­kur­renz zur NPD. In An­leh­nung an das 25-​Punk­te-​Pro­gramm der NSDAP hat man „25 kom­mu­na­le For­de­run­gen“ auf­ge­stellt. Agi­tiert wird be­son­ders gegen Ge­flüch­te­te und Zu­wan­der*innen. Durch den Über­tritt eines NPD-​Mit­glieds ver­fügt sie seit No­vem­ber 2013 über ein Man­dat in der Be­zirks­ver­tre­tung Eving. Der Dort­mun­der Kreis­ver­band hat führt re­gel­mä­ßig In­fo­ti­sche, Mahn­wa­chen und De­mons­tra­tio­nen durch. An einem Auf­marsch am 31. Au­gust „gegen Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­bo­te“ nah­men 370 Neo­na­zis teil. Den 1. Mai ver­sucht man fest im „De­mons­tra­ti­ons­ka­len­der“ der Szene zu ver­an­kern.

Am 30. Ja­nu­ar 2013 wurde die Grün­dung des Kreis­ver­bands Wup­per­tal be­kannt ge­ge­ben. Zum Vor­sit­zen­den wurde mit Matt­hi­as Dre­wer ein ehe­ma­li­ges Mit­glied der Ka­me­rad­schaft Hamm er­nannt, der vor ei­ni­ger Zeit nach Wup­per­tal ge­zo­gen ist. Der vor­be­straf­te Ge­walt­tä­ter Dre­wer muss sich ak­tu­ell vor Ge­richt ver­ant­wor­ten, weil er eine junge Frau an­ge­grif­fen und mit einem Knüp­pel schwer ver­letzt hat. Im Kreis­ver­band sam­meln sich Per­so­nen aus den Rei­hen der Na­tio­na­len So­zia­lis­ten Wup­per­tal, die nach den Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­bo­ten ihre Auf­lö­sung be­kannt gaben. Eine Kom­mu­nal­wahl­kan­di­da­tur hat Die Rech­te in Wup­per­tal nicht ge­schafft, sie tritt le­dig­lich zu drei Be­zirks­ver­tre­tun­gen an. Auch ein lange be­wor­be­ner Auf­marsch im Sep­tem­ber 2013 flopp­te. Es kamen we­ni­ger Neo­na­zis als er­war­tet.

Ein ak­ti­ver Kreis­ver­band be­steht zudem im Rhein-​Erft-​Kreis bei Köln. In des­sen Rei­hen or­ga­ni­sie­ren sich ehe­ma­li­ge Ak­ti­ve der ver­bo­te­nen Ka­me­rad­schaft Köln sowie der auf­ge­lös­ten Au­to­no­men Na­tio­na­lis­ten Pul­heim. Als Vor­sit­zen­der des Kreis­ver­bands tritt der im nie­der­säch­si­schen Ver­den als wohn­haft ge­mel­de­te Mar­kus Wal­ter auf. Das ehe­ma­li­ge NPD-​Mit­glied sitzt dort seit Früh­jahr 2011 als Man­dats­trä­ger im Stadt­rat und im Kreis­tag. Er war auf der NPD-​Lis­te für den aus­ge­schie­de­nen Ho­lo­caust­leug­ner Ri­golf Hen­nig nach­ge­rückt.

Kaum nen­nens­wer­te ei­ge­ne Ak­ti­vi­tä­ten ent­wi­ckel­te der be­reits im Ok­to­ber 2012 ge­grün­de­te Mül­hei­mer Ver­band, der von dem ehe­ma­li­gen NPD-​Mit­glied Marc Rost­kow­ski ge­lei­tet wird. Ak­ti­ver sind die im Fe­bru­ar 2013 ge­grün­de­ten, eng mit­ein­an­der zu­sam­men­ar­bei­ten­den Kreis­ver­bän­de Heins­berg und Aa­chen. In die­ser Re­gi­on war bis zu ihrem Ver­bot im Au­gust 2012 die Ka­me­rad­schaft Aa­che­ner Land (KAL) aktiv. Die Kreis­ver­bän­de wer­den von den ehe­ma­li­gen KAL-​Mit­glie­der Ger­win Jahny (Heins­berg) und Andre Plum (Aa­chen) an­ge­führt. Eine Fort­set­zung der so ge­nann­ten Trau­er­mär­sche in Stol­berg, die bis 2012 von der KAL und ehe­ma­li­gen NPD-​Funk­tio­nä­ren aus der Re­gi­on or­ga­ni­siert wur­den, ge­lang der Neo­na­zi-​Sze­ne nicht, weil po­li­zei­li­che Ver­bo­te Be­stand hat­ten. Als Er­satz­ver­an­stal­tung wurde im März 2014 erst­mals ein „Fa­ckel­marsch“ unter dem Motto „Mul­ti­kul­tur tötet“ in Aa­chen durch­ge­führt, an dem aber nur 90 Neo­na­zis teil­nah­men.

Am 20. April 2013 wurde in Mett­mann ein Kreis­ver­band für Düs­sel­dorf, Mett­mann und So­lin­gen ge­grün­det, der von den ehe­ma­li­gen NPD-​Funk­tio­när-​*innen Man­fred Breit­bach und Na­di­ne Braun ge­lei­tet wird. Sie waren für ihre ra­di­ka­len und mit NS-​Vo­ka­bu­lar ge­spick­ten Äu­ße­run­gen in der NPD um­strit­ten.

Als letz­tes wurde im April 2014 der Kreis­ver­band Ober­berg ge­grün­det, in dem sich Mit­glie­der der auf­ge­lös­ten Frei­en Kräf­te Ober­berg sowie des ver­bo­te­nen Freun­des­kreis Rade und Neo­na­zis aus dem an­gren­zen­den Rhein-​Sieg-​Kreis or­ga­ni­sie­ren. Zu­min­dest zeit­wei­se warb der Ver­band im In­ter­net mit „Frei­heit für Jonas Rons­dorf!“. Rons­dorf wurde als Rä­dels­füh­rer der kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung Freun­des­kreis Rade sowie wegen Ge­walt­ta­ten zu einer Ju­gend­haft­stra­fe ver­ur­teilt.

Au­ßer­halb von NRW                                                                                                          Die Rech­te ver­fügt mitt­ler­wei­le auch über Lan­des­ver­bän­de in Nie­der­sach­sen, Bre­men, Ba­den-​Wür­tem­berg, Bran­den­burg, Ber­lin und Sach­sen. Kei­ner die­ser Ver­bän­de ist so „stark“ wie jener in NRW. Der Lan­des­ver­band in Rhein­land-​Pfalz hat be­reits seine Füh­rung ver­lo­ren, der hes­si­sche Lan­des­ver­band hat sich wie­der auf­ge­löst. Auch in an­de­ren Bun­des­län­dern sam­meln sich bei Die Rech­te Mit­glie­der ver­bo­te­ner „Ka­me­rad­schaf­ten“ sowie ent­täusch­te NPD-​An­hän­ger*innen. Eine star­ke Basis bil­de­te sich so aber nicht. Au­ßer­dem exis­tiert mit Der Drit­te Weg eine wei­te­re neue neo­na­zis­ti­sche Kleinst­par­tei, der eine ähn­li­che Funk­ti­on wie Die Rech­te zu­kommt.

Ver­hält­nis zur NPD                                                                                                           
Die Rech­te kämpft mit der NPD um die Vor­herr­schaft im neo­na­zis­ti­schen Lager. Bei den Kom­mu­nal­wah­len tritt sie aber nur in Dort­mund in Kon­kur­renz zur NPD an. Die Dort­mun­der NPD und die Neo­na­zis des NWDO haben schon seit län­ge­rem ein feind­se­li­ges Ver­hält­nis, das zu öf­fent­li­chen Schmä­hun­gen und sogar zu Ge­walt­ta­ten führ­te. In Dort­mund sitzt die NPD ak­tu­ell mit zwei Ab­ge­ord­ne­ten im Stadt­rat. Es be­steht die Hoff­nung, dass sich die bei­den Neo­na­zi-​Par­tei­en ge­gen­sei­tig scha­den. In man­chen Re­gio­nen wie in Unna/Hamm wird aber eine Ko­ope­ra­ti­on mit ein­zel­nen NPD-​Ver­bän­den fort­ge­setzt.

Ak­ti­vi­ti­tä­ten von „Die Rech­te“                                                                                        Die Hin­wen­dung zur Par­tei­po­li­tik ist für die Ak­ti­vist*innen von Die Rech­te nur ein stra­te­gi­scher Schach­zug. Sie müs­sen zu Wah­len kan­di­die­ren, um ihren Par­tei­en­sta­tus nicht zu ge­fähr­den. Die Er­geb­nis­se, die sie bis dato ein­ge­fah­ren haben, dürf­ten aber auch aus ihrer Sicht ent­täu­schend sein. Bei der Bun­des­tag­wahl 2013 er­reich­ten sie ge­ra­de ein­mal 0,023% (2288 Stim­men). Selbst in Dort­mund blieb Die Rech­te mit 0,1% ab­ge­schla­gen hin­ter der NPD (1,3%) zu­rück. Hier mach­ten nur 178 Men­schen ihr Kreuz bei Die Rech­te, was be­deu­tet, dass es ihr nicht ge­lang, über das ei­ge­ne Kern­mi­lieu hin­aus zu mo­bi­li­sie­ren. Die Kan­di­da­tur zur Eu­ro­pa­wahl schei­ter­te am ei­ge­nen Un­ver­mö­gen die not­wen­di­gen Un­ter­stüt­zungs­un­ter­schrif­ten (bun­des­weit 4000) ein­zu­wer­ben. Wich­ti­ger als die Wah­len ist das „au­ßer­par­la­men­ta­ri­sche” Ak­ti­ons­re­per­toire der Par­tei. Hier ver­sucht sie vor allem an die De­mons­tra­ti­ons­po­li­tik der Vor­jah­re an­zu­knüp­fen, was ihr aber nur be­grenzt ge­lingt. Zwar haben ihre Auf­mär­sche durch­aus „Rechts­si­cher­heit“ er­hal­ten, sie ent­fal­ten aber längst nicht mehr die­sel­be mo­bi­li­sie­ren­de Wir­kung. Auf­mär­sche mit 370 – 450 Neo­na­zis bil­den die Spit­ze der Teil­neh­mer*in­nen­zah­len und sind Aus­nah­me­er­schei­nun­gen. Trotz die­ser Rück­schlä­ge ge­lang es der Neo­na­zi-​Sze­ne durch die Grün­dung von Die Rech­te die staat­li­chen Ver­bo­te zu un­ter­lau­fen. Der Kern der Ak­ti­vist*innen blieb aktiv und auch die Netz­wer­ke der Szene be­ste­hen fort.

Fazit                                                                                                                                      Für einen Ab­ge­sang auf Die Rech­te ist es noch zu früh. An­ti­fa­schist*innen soll­ten nicht der Ver­füh­rung er­lie­gen, die Mis­ser­fol­ge bei den Wah­len und den sto­cken­den Par­tei­auf­bau zum An­lass zu neh­men, die Grup­pie­rung ab­zu­schrei­ben. Viel­mehr ist es so, dass sich der ak­ti­vis­ti­sche und am bes­ten or­ga­ni­sier­te Teil der Neo­na­zi-​Sze­ne mitt­ler­wei­le in der Par­tei zu­sam­men­ge­fun­den hat. Viel­leicht geht es für die Neo­na­zis zur­zeit nicht „voran“, sie haben aber eine Struk­tur ge­fun­den, in der sie ihren Zu­sam­men­halt auf­recht­er­hal­ten kön­nen. Die NPD in NRW wurde in den letz­ten Jah­ren ge­schwächt, sie ist des­halb keine be­son­ders star­ke Kon­kur­renz. Auf ihr las­tet zudem das Par­tei­ver­bots­ver­fah­ren. Wird die NPD ver­bo­ten, dann wer­den auch die Kar­ten in­ner­halb der Neo­na­zi-​Sze­ne neu ge­mischt. Wir soll­ten also im Kampf gegen die Neo­na­zi-​Struk­tu­ren nicht nach­las­sen. Wir wis­sen aber auch nur allzu gut, dass wir nicht bloß auf die or­ga­ni­sier­ten Neo­na­zis bli­cken soll­ten, son­dern Na­tio­na­lis­mus, Ras­sis­mus und sons­ti­ge Ideo­lo­gi­en der Un­gleich­wer­tig­keit auch in an­de­ren ge­sell­schaft­li­chen Be­rei­chen of­fen­siv ent­ge­gen­tre­ten müs­sen.

Text als Flyer, sowie eine aktualisierte Chronik von Naziaktivitäten in Hamm findet ihr hier.