Kampf der Nibelungen 2015

Vergangenen Dienstag, den 5. Dezember 2017, nahm das NRW-Innenministerium Stellung zum neonazistischen Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“. Grund dafür ist eine Anfrage der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ 1. Das antifaschistische Magazin „Lotta“ hat eine ausführliche, lesenswerte und kritische Auswertung mit Neonazismus-Expert*innen zur Stellungnahme des Ministeriums und der Anfrage veröffentlicht. 2

Zuletzt fand die konspirativ organisierte Veranstaltung, bei der Box-, K1- und MMA-Kämpfe ausgetragen werden, am 14. Oktober in Kirchhundem (Kreis Olpe) mit ca. 500-600 Zuschauer*innen statt. Dies war das fünfte Kampfsportevent, der seit 2013 stetig an Zuschauer*innen sowie Teilnehmer*innen wachsenden, jährlich organisierten Veranstaltung. Der „Kampf der Nibelungen“ dient als europaweites Vernetzungs- und Schulungstreffen der rechtsradikalen Kampfsportszene, es nehmen daran Kämpfer*innen aus Frankreich, Ungarn und sogar Russland teil. Das Event wird gesponsert von einschlägigen Neonazi-Modemarken, die auch Kämpfer*innen stellen, wie zum Beispiel “Greifvogel Wear”, “Sport Frei”, “Black Legion” und “Pride France”. Dazu kommen noch die Einnahmen aus dem Eintritt der Veranstaltung, sowie dem Verkauf von Essen, Getränken und Kleidung, wodurch sich die Neonaziszene finanziert.

Kampf der Nibelungen in Hamm

Infolge der Anfrage wird erstmals bekannt, dass der „Kampf der Nibelungen“ 2015 am 17. Oktober mit ca. 300-400 Teilnehmer*innen in Hamm stattfand. Ein genauer Ort wird nicht genannt, jedoch lässt sich auf einem von den Organisator*innen veröffentlichen Foto eine Art Lagerhalle erkennen, die wahrscheinlich unter Angabe eins falschen Vorwands, wie zuletzt bei den Konzerten in Schützenheimen, angemietet wurde 3,4.

Als „Presse“ waren 2015 ausschließlich das rechtsradikale “Reconquista”-Magazin, sowie der ebenfalls rechtsradikale “Tremonia”-Blog des Neonazis Dennis Giemsch aus Dortmund zugegen, der im Nachhinein einen Podcast veröffentlichte.

“Es muss auch Wettkämpfe geben, wo sich die Besten aus unseren Reihen gegenseitig messen. Die Besten aus unseren Reihen – den europäischen Reihen. Nicht nur deutsche Stämme, die sich untereinander zeigen und beweisen, sondern eben wie heute auch Franzosen oder Ungarn, die hier sind, um sich mit ihren weißen Brüdern zu messen”, sagt ein Besucher 2015 über den “Kampf der Nibelungen” im Interview mit dem “Tremonia”-Blog.

“Es ist in der heutigen Zeit ganz offensichtlich, dass wir alle etwas für unsere Fitness tun müssen, denn es kommt definitiv der Tag, an dem wir auch selber aktiv werden müssen. Und von daher sind eigene Veranstaltungen definitiv besser als Veranstaltungen, in denen wir unsere Meinungen zurückstecken müssen und uns mit diesen ganzen multikulturellen Mitmenschen in einen Ring stellen müssen”, erklärt ein Besucher. “Ich denke, irgendwann wird die Bühne schon kommen, auf der wir den Jungs gegenüberstehen. Das muss nicht unbedingt auf einer Veranstaltung sein.” 5

In dem “Reconquista”-Artikel schreibt der Autor: “Wenn Hab und Gut oder sogar Leib und Leben bedroht werden und ein wilder Mob die Straße beherrscht, dann könnte es sinnvoll sein, wenn sich der Einzelne auf seine eigene Stärke verlassen kann.” 6

Obwohl es schon um die zwei Jahre her ist, dass das rechte Sportevent in Hamm stattgefunden hat, sollte das Gefahrenpotenzial und die Bedeutung solcher Veranstaltungen nicht unterschätzt werden, wie die obigen Aussagen der Besucher*innen zeigen. Neonazis vernetzten sich dort und ziehen aus den gemeinsamen Erlebnissen ihre Stärke und Motivation. Gerade ein „Kampfsportevent“, bei dem es um das Trainieren für und Ausprobieren von körperlichen Auseinandersetzungen geht, regt an, das Erlernte am/an der politischen Gegner*in und nach neonazistischer Ideologie unliebsamen Menschen auf der Straße anzuwenden. Zudem zeigt dieses Event, dass sich eine rechte Erlebniswelt in Hamm schon frühzeitig fest etabliert hat. Allein in den letzten zwei Jahren (2016,2017) führte die Szene mehr als dreizehn interne Veranstaltungen zur ideologischen Schulung und Bespaßung durch 7, darunter Konzerte, Vorträge, Planwagenfahrten 8 und die Bildung einer eigenen Fußballfangruppe 9.

Größere Veranstaltungen sind in Hamm dabei keine Seltenheit und hiesige Neonazis haben anscheinend auch keinerlei Schwierigkeit diese durchzuführen. Mit den Räumlichkeiten im Kentroper Weg 18 ist für kleine bis mittelgroße Veranstaltungen ein Raum vorhanden. Bei größeren Events, mit 100-400 Teilnehmer*innen, scheint es für die Neonazis ein Leichtes zu sein, an Räume zu kommen. Immerhin ist durch die Anfrage nun bekannt, dass seit 2015 mindestens vier größere Veranstaltungen in Hamm stattfanden. Neben dem „Kampf der Nibelungen“ waren dies die zwei Konzerte im Jahre 2016 und die Geburtstagsfeier Sascha Krolzigs am 10. Juli 2017, an der neben hochkarätigen Bands, wie zum Beispiel Sleipnir und Smart Violence, laut Eigenaussage an die 200 Besucher*innen teilnahmen 10. Durch Großveranstaltungen fließt viel Geld in die Kassen der Neonazis, womit die Szene ihre Strukturen ausbaut und ihr sogenanntes „Nationales Zentrum“ am Kentroper Weg 18 finanziert.

Organisiert wird der „Kampf der Nibelungen“ zum Teil durch das internationale und äußerst gewalttätige Hammerskin-Netzwerk und durch lokale rechte Akteur*innen, die bisher hauptsächlich aus dem Parteispektrum von „Die Rechte“ stammen, dem auch die Hammer Neonazis angehören. Daher ist anzunehmen, dass eben jene aktiv an der Organisation des Events beteiligt waren.

Fazit

Was bleibt? Wieder einmal haben in Hamm Neonazis ein Großevent für die Neonaziszene ausgerichtet. Dabei wurde der Veranstaltungsort vom Innenministerium des Landes NRW noch zwei Jahre lang geheim gehalten. Ob die Polizei Hamm oder nur der Verfassungsschutz an dem Tag von der Veranstaltung wusste, bleibt bisher unbeantwortet.

Neonaziveranstaltungen muss eine klare Absage erteilt werden, gegen die Räumlichkeiten im Kentroper Weg 18 muss konsequent vorgegangen werden. Dabei darf die rechte Szene in Hamm nicht unterschätzt werden, nur weil öffentliche Auftritte wie Demonstrationen oder Kundgebungen seltener stattfinden.
Denn es ist lange überfällig, dass Hamm sich mehr mit dem Neonaziproblem befasst und es diesen nicht weiter überlässt, die eigene Szene zu stabilisieren. Nicht nur die Stadt Hamm muss einschreiten, auch fordern wir jede*n Bürger*in auf, eine klare Haltung gegen menschenverachtendes Gedankengut einzunehmen, egal ob in der Nachbarschaft, im Stadion oder auf der Straße.
In Hamm ist kein Platz für Neonazis!

Quellen:

1.) https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-1358.pdf%20

2.) https://www.lotta-magazin.de/nrwrex/2017/12/pressemitteilung-nrw-innenminsterium-informiert-ffentlichkeit-unzureichend-ber-kampf-

3.) KdN 2015 Halle Hamm

4.) https://www.wa.de/hamm/bockum-hoevel-ort370528/rechts-rock-band-soll-schuetzenheim-hamm-bockum-hoevel-gespielt-haben-8196729.html

5.) https://www.youtube.com/watch?v=7Wps2VAU4mI

6.) http://www.reconquista.jetzt/?id=758

7.) https://aah.noblogs.org/files/2017/01/Aktivit%C3%A4ten-2003-2016.pdf

8.) Martin Böhne und andere Neonazis am Old Lion

9.) https://aah.noblogs.org/?p=1852

10.) Screenshot Geburtstagsfeier Sascha Krolzig