PM: Keine Neonazi-Konzerte im Kentroper Weg

flyer hammHamm. Hammer Neonazis organisieren ein Rechtsrockkonzert, das am 1. Oktober 2016 stattfinden soll. Auf einem Flyer werden Auftritte der Bands/Projekte „Oidoxie“, „Zeitnah“ und „Renitenz“ angekündigt, als Veranstaltungsort ist lediglich „Hamm“ angegeben. Wie in der Szene üblich, wird das Konzert als vermeintliche „Geburtsfeier“ getarnt. [1]
Wir vermuten, dass dieses Konzert in den Räumlichkeiten der Neonazis am Kentroper Weg in Hamm stattfinden wird und fordern von der Stadtverwaltung, dieses und weitere neonazistische Konzerte in Hamm zu unterbinden.

In den vergangenen zwei Jahren fanden bereits vier Konzerte von Rechtsrock-Bands im Kentroper Weg statt. Wir befürchten, dass sich dort eine überregional bedeutende Location für Neonazi-Musik etabliert hat.
Wir gehen davon aus, dass die Konzertveranstaltungen nicht ordnungsrechtlich korrekt angemeldet sind. Liegt eine Genehmigung des Ordnungsamtes für derartige Konzertveranstaltungen vor? Werden baurechtliche und brandschutztechnische Bestimmungen eingehalten, die für ein Konzert vorausgesetzt werden? Ist der Ausschank von Bier genehmigt?
Die Stadtverwaltung muss mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, die neonazistischen Konzerte im Kentroper Weg unterbinden. Am nächsten Mittwoch wird das Hammer „Handlungskonzept gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ vorgestellt. Das Handlungskonzept darf kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss zu konkreten Maßnahmen führen, welche die Freiräume, die sich Neonazis in Hamm herausnehmen, einschränken.“
Als Folge der Konzerte droht eine weitere Stärkung neonazistischer Strukturen und die Vertiefung der überregionalen Vernetzung. Zu dem Konzert am 1. Oktober erwarten wir zirka 100 Neonazis.
„Die den rechten Terrorismus propagierende Band Odioxie besteht seit 20 Jahren und hat viele Fans. Es ist damit zu rechnen, dass auf dem Konzert volksverhetzende Lieder gespielt werden. An- und abreisende Neonazis stellen ebenso eine Gefahr für AnwohnerInnen und PassantInnen dar, die nicht in das rassistische Weltbild der Neonazis passen“, so Michael Tillman, Sprecher der Antifa Hamm.

Anhang 1: Informationen zu den Bands

„Zeitnah“
„Zeitnah“ spielten bereits im Januar 2016 zusammen mit dem Sänger von „Projekt Chaos” in den Hinterhofräumlichkeiten am Kentroper Weg 18. Die „Antifaschistische Aktion Hamm“ deckte das Konzert im Vorfeld auf. [2]
In den von „Zeitnah“ gespielten Liedern fällt die Band unter anderem durch unverhohlene Shoah-Verherrlichung und nationalsozialistische Bezüge auf. Das „Duo Zeitnah“ besteht aus zwei Neonazis, die sich „Diggi“ und „Klampfe“ nennen und als Liedermacher auftreten. Beide sind, beziehungsweise waren, Teil anderer Neonazi-Bands. So spielten sie in der dreiköpfigen Gruppe „Klampferitis“ und einer der beiden Musiker war Teil des Projekts „Klampferitis & Brauni“ bzw. „Klampfe & Brauni“. Auf Youtube veröffentlichte Mitschnitte von Auftritten der letztgenannten Liedermacher sind stellenweise zensiert. Die thüringische Landtagsabgeordnete Katharina König stellte mehrere parlamentarische Anfragen zur Band „Kampferitis“, in der unter anderem berichtet wird, dass ein Song der Gruppe auf der „Schulhof-CD“ der NPD im Mai 2012 Anlass für eine Polizeirazzia war, da darin ‘unverhohlen zum Hass und zu Gewalttaten gegen ausländische Bevölkerungsgruppen und Migranten’ aufgerufen worden sei. Personelle Konstante aller genannten Bands ist Dominque B., genannt „Klampfe“. [3]

„Renitenz“
„Renitenz“ ist ein „Balladenprojekt“ der 2003 gegründeten Neonazi-Band „Breakdown“ aus dem Hünsrück. Der Sänger David Stunk war bereits mehrfach Teilnehmer und Redner auf Neonazi-Demos in Dortmund. [4]

„Oidoxie“
Besonders hervorzuheben ist „Oidoxie“ um den Bandleader Marko Gottschalk. Mit ihr kommt eine der bekanntesten und Dienstältesten deutschen Rechtsrock-Bands nach Hamm. [5]
Oidoxie wurde 1996 in Dortmund gegründet und trat bereits auf ihrem ersten Album, „Kann denn Glatze Sünde sein“ offen nationalsozialistisch auf. Das zweite Album „Schwarze Zukunft“ wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. Weil „Oidoxie“ auf dem Video „Kriegsberichter Vol. 5“ zu sehen war, wie sie das „Hakenkreuzlied“ der Band Kahlkopf (Text: „Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um. Hießt die rote Fahne mit dem Hakenkreuz“) spielten, wurde 2002 gegen „Oidoxie“ ermittelt.
Mitglieder von „Oidoxie“ spielten auch in der Band „Weisse Wölfe“, deren konspirativ eingespieltes Album „Weisse Wut“ enthielt zahlreiche volksverhetzende Texte. So sang die Band in dem Song „Unsere Antwort“: „Ihr tut unserer Ehre weh – Unsere Antwort Zyklon B. (…) Für unser Fest ist uns nichts zu teuer – 10.000 Juden für ein Freudenfeuer.“ [6] Die Bandmitglieder wurden 2007 vor dem Landgericht Dortmund mangels Beweisen freigesprochen, weil ihnen nicht nachgewiesen werden konnte, wann die CD aufgenommen und dass sie für den deutschen Markt produziert worden war.
„Oidoxie“ und „Weisse Wölfe“ sind „Combat 18“ (C18)-Bands und Teil des internationalen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour/C18“. In ihren Liedern propagieren sie den „Rassenkrieg“ und das Konzept des„Leaderless Resistance“, des „führerlosen Widerstand“ unabhängig von einander agierender Terrorzellen. So schrieb die Band mit dem Song „Terrormachine“ eine Hymne auf „Combat 18“, in der sie skandieren: „We want our Citys clean. This is the Terrormachine, this is Combat 18“. Im Song „Fight together“ singen „Oidoxie“: „Come on fight together, in the terrorteam. The leaderless resistance, Combat 18“.
Aufgrund ihrer Propaganda für den Rechtsterrorismus waren die Band und ihr Umfeld mehrfach Gegenstand des NSU-Untersuchungsausschusses im Düsseldorfer Landtag. Der NSU orientierte sich ebenfalls am Konzept des „leaderless resistance“. Dortmunder Neonazis stehen in Verdacht im Jahr 2005/2006 eine Terrorzelle von „Combat 18“ gebildet zu haben. [7]
Seit einigen Jahren spielt mit Martin Böhne, Gitarrist von „Oidoxie“, ein Neonazi aus Hamm in der Band. Böhne trat bei der Kommunalwahl 2014 in Hamm für „Die Rechte“ an.

Anhang 2: Vergangene Konzerte in den Räumlichkeiten am Kentroper Weg
21. Februar 2015: Konzert mit „Breakdown“ , anwesend waren Nazis der JN, NPD und aus den Niederlanden
20. Mai 2015: Konzert mit dem Sänger der Rechtsrockband „Projekt Chaos“
17. Januar 2016: Konzert mit „Zeitnah“ und „Projekt Chaos“
6. August 2016: Konzert mit dem Liedermacher „Fylgien“

Anmerkungen:

[1] Bei „Fetzo“ handelt es sich um den Hammer Dennis de Piccoli (ex-“Kameradschaft Hamm“/“Die Rechte“). Mit „Lupi“ ist ein Neonazi aus Münster gemeint. Als Kontaktadresse ist die Email fetzo78@gmx.de angegeben.
[2] siehe Pressemitteilung und Bericht der Antifaschistischen Aktion Hamm: https://aah.noblogs.org/?p=1573 und https://aah.noblogs.org/?p=1578
[3] https://www.lotta-magazin.de/nrwrex/2016/01/ham-rechtsrock-konzert-heute-abend-hamm und https://haskala.de/wp-content/uploads/2013/07/anfrage_klampferitisnachgefrag t.pdf%20
[4] Tobias Hoff: „Szeneband. Bandportrait: Breakdown“, online:
https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/50/szeneband
[5]Jan Raabe: „Propagandisten des Rechtsterrorismus. Die Dortmunder Band Oidoxie“, online: https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/62/propagandisten-des-rechtsterrorismus
[6] Jan Spreuk und Pierre Briegert: “Oidoxie” und “Weisse Wölfe”unter Druck, online: https://www.lotta-magazin.de/damals/pdf/12/oidoxie.pdf
[7] Rechte NRW-Bands und ihre Nähe zum Terror, online: http://www1.wdr.de/archiv/nsu/nsu-untersuchungsausschuss-nrw-rechte-musikszene-100.html