8. & 9. April 2011: Let’s Destroy the Myth of Stolberg!

Let’s destroy the Myth of Stolberg! – Das Nazi-Event platzen lassen!

Im vierten Jahr in Folge wollen Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet, Belgien und den Niederlanden am 8. und 9. April in Stolberg zwei Aufmärsche an einem Wochenende durchführen. Bei diesen kommen jährlich 500 bis 800 Neonazis, vor allem aus Kreisen der “Freien Kameradschaften”, der “Autonomen Nationalisten” sowie der NPD zusammen, um ihre rassistischen Deutungen in Stellung zu bringen. Die Nazis instrumentalisieren den Tod eines jungen Mannes und versuchen die Umdeutung zu einem Märtyrergedenken. Der Getötete – gestorben bei einer Auseinandersetzung aufgrund von Beziehungsstreitigkeiten unter jungen Männern – wird von den Nazis zu einem der ihren stilisiert, der Angreifer hingegen zum Symbolbild “antideutscher” Gewalt, mit der sich die “Volksdeutschen” tagtäglich konfrontiert sehen. In den letzten Jahren ist ihnen dabei vergleichsweise wenig antifaschistischer Widerstand entgegen geschlagen, 2011 wird sich dies ändern!
Ende 2010 hat sich nach jahrelangem Ringen zum ersten Mal ein breiteres Bündnis gebildet, das den Nazi-Aufmarsch effektiv und entschlossen verhindern will. Diesem Ziel sieht sich auch die Antifa-Kampagne “Destroy the Myth of Stolberg!” verpflichtet. Wir begrüßen deshalb die Bestrebungen des „Bündnisses gegen den Naziaufmarsch in Stolberg 2011“, die Aufmärsche zu blockieren, und werden unseren Teil dazu beitragen.

Stolberg – alle Opfer?

Bereits Stunden nach dem Vorfall am 4.April 2008 diskutierten Nazis in ihren Foren das Ereignis. Schnell stand fest, dass weit über die Region hinaus Nazis den Tod des jungen Mannes für sich zu vereinnahmen versuchten. Genauso wie Kevin P. zu einem Märtyrer und „Kameraden“ stilisiert wurde, konstruierte die NS-Szene den für die Tat verhafteten Staatenlosen als „Ausländer“. Allein im April 2008 folgten von Naziseite zwei Aufmärsche – Die Mythenbildung hatte begonnen.
Seitdem versucht die Nazi-Szene in Stolberg ein symbolisches Datum, ein Großereignis zu etablieren. Es wird ein Bild gezeichnet, nachdem die Tat nur ein weiteres Beispiel für eine ständige Verfolgung „der Deutschen“, der Nationalist_innen durch Migrant_innen, durch Linke und durch eine breite Öffentlichkeit sei, gegen die sie sich gemeinsam, entschlossen und gewaltsam zur Wehr setzen müssten. Deshalb spielt es bei den Nazis mittlerweile auch immer weniger eine Rolle, ob Kevin jetzt ein „Kamerad“ war oder nicht, er war schließlich Deutscher und das reicht, um sich als Opfer zu inszenieren.

Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren!

Es ist nicht verwunderlich, dass die Aufmärsche in Stolberg mit einem Anstieg von Nazi-Aktivitäten in Aachen einher gehen. Diese zeigten sich vor allem in gezielten Angriffen und Einschüchterungskampagnen gegen Antifaschist_innen und andere vermeintliche Gegner_innen sowie deren Familien, Privatwohnungen und linken Einrichtungen. Allein im Jahr 2010 gab es Dutzende dieser Übergriffe. Bewaffnete Angriffe auf AZ-Besucher_innen, drive-by-shootings, sowie unzählige geplante Übergriffe auf vermeintliche „Zecken“ und „Ausländer“ in der Aachener City; ganz zu schweigen von unzähligen NS-Schmierereien in der ganzen Region, wie beispielsweise die Verhöhnung des jüdischen Friedhofs in Aachen. Und nicht zuletzt: Ein Überraschungspaket „An die Antifa“ vor dem AZ, für das eigens Sprengstoffspezialist_innen aus Düsseldorf zur Entschärfung anrückten.

Nazis fallen auch in Stolberg nicht vom Himmel!

Dass Nazis irgendwie nerven, ist nicht nur aus linken Kanälen zu vernehmen. Die großen und erfolgreichen Blockaden von Köln bis Dresden zeigen, dass so einige Protagonist_innen des demokratischen Normalvollzugs sich „Antifaschismus“ auf die Fahne schreiben.
Selbst die Stolberger Ortsgruppe der Jungen Union verdammt die in „ihrer“ Stadt auflaufenden Nazis in einer Presseerklärung als „Demokratiefeinde“. Doch richtet sich diese Erklärung nicht in erster Linie gegen den Nazi-Aufmarsch. Anlass ihres Schreibens ist die Kritik an einem öffentlichen Blockadetraining des großen antifaschistischen Bündnisses. Diese darin ausgedrückte Haltung der „Dagegen-Mentalität“ impliziere eine „Eskalation“ und eine „Erschwernis für unsere Polizeikräfte“, deren „Mehraufwand“ letztendlich nichts weiter als ein erhöhter Einsatz von Steuergeldern bewirke, so die Junge Union.
Krönung des Ganzen: ein mit „Besorgnis“ zur Kenntnis genommener „Linksruck“ sämtlicher Jugendorganisationen, die sich mit diesem Haufen von „Extremisten“ auch noch solidarisieren.
Umso besser für das „Stolberger Bündnis gegen Radikalismus“. Dieses benennt durch seinen Titel bereits das Kind beim Namen. Das „partei- und spektrenübergreifende Bündnis“ inszeniert sich als großes, bürgerliches Bollwerk gegen das unpopuläre Nazievent in ihrer glorifizierten „Kupferstadt“. Neben den Standortverwaltern von den Grünen, der CDU und dem Integrationsrat bleibt eben kein Platz für „Radikale“. Stolz verkünden sie auf ihrer Homepage: „Wir sind Stolberg, Nazis sind es nicht.“
Während das lokalpatriotische „Stolberger Bündnis gegen Radikalismus“ in den letzten Jahren darauf beharrte, am Tag des Aufmarsches die Innenstadt zu buchen, um dort Bratwürste zu essen und einen bisschen Wahlkampf zu spielen – radikal NICHTradikal – gegen die rechten Schmuddelkinder, versteht sich, sind dieses Jahr andere Töne zu hören. Die geplanten Blockaden des „Bündnis gegen den Naziaufmarsch in Stolberg 2011“ seien diesmal zu tolerieren. Allerdings hat das „Engagement“ des „Stolberger Bündnis gegen Radikalismus“ Spuren hinterlassen. Während die Altstadt Stolbergs frei bleibt vom Neonazi-Aufmarsch, was eine wesentliche Forderung war, marschiert der braune Mob durchs sog. Migrantenviertel „die Mühle“.

Radikal gegen Anti-Radikalismus oder: Linker Antifaschismus bleibt konsequent!

Wenn selbst die Junge Union und das „Bündnis gegen Radikalismus“ den Begriff „Antifaschismus“ besetzen, besteht umso mehr die Notwendigkeit nach einem klar formulierten, eben sehr wohl radikalem linkem Antifaschismus.
Denn radikaler Antifaschismus heißt, sich die Ursachen anzuschauen und ebendiese anzugreifen. Ob das nun Nationalismus ist, ein ordnungspolitischer Habitus, das Streben nach Reinheit und Homogenität, ob das Männerkult, Rassismus oder die Liebe zum starken Staat ist, all diese Elemente finden sich mitten in der bürgerlichen Gesellschaft. Und wie leicht auch der für etliche totgeglaubte völkischer Rassismus wieder zur Tagesordnung werden kann, bewiesen uns unlängst Sarrazin und Co.
Und ob nun Nazis, Sarrazin & seine Fans oder der bürgerliche Karnevalsverein gegen Radikalismus – allgemeines Motto bleibt für uns: „Still not loving Germany“. Es gilt den Nazis entgegenzutreten und den Musterdemokrat_innen des rassistischen Normalvollzugs auf dem Rathausplatz die Show zu stehlen.
In diesem Sinne: first things first: Let’s destroy the Myth of Stolberg! Am 8. & 9. April 2011 auf nach Stolberg und Notwendigkeiten erledigen. – Das Nazi-Event platzen lassen!